Ein Gespräch mit Charlotte Amend.
Lieber Florian, welche Rolle spielt die Musik in deinem Leben?
Die Musik war für mich das Tor in die ersehnte Freiheit. Sie war und ist mein Medium. Besonderen Bezug hatte ich schon früh zu alpenländischen Musikern, wie Hubert von Goisern und Hans Söllner, da beide sehr verwurzelt mit ihrer Heimat sind, aber sich auch von anderen Kulturkreisen der Welt beeinflussen lasssen. Hans Söllner, der beispielsweise verbunden ist mit Afrika und dem Reggae und trotzdem beides lebt: Seine Wurzeln und die Weite. Auch wurde ich durch die Singkreiskultur, welche ihre Ursprünge in der Rainbow Gathering Bewegung findet, geprägt. Eine Prophezeiung der Hopi Indianer besagt, dass eine neue Generation von Menschen auf die Erde kommen wird: „Die Krieger des Regenbogens.“
Dass dann, wenn wir als Spezies kurz vor unserem Untergang stehen, Menschen in diese Welt geboren werden, die unsere Erde wieder in ein Paradies verwandeln können. In den 1970er fanden die ersten Rainbow Gatherings statt. Es sind temporäre Räume für individuell gelebte Spiritualität. Ohne sich durch religiöse Schriften oder Lehren legitimieren zu lassen. Eine große Familie bestehend aus Menschen unterschiedlichster Herkunft und Kultur fanden so zusammen. Daraus ging ein kostbares Liedgut hervor, welches sich aus den vielen verschiedenen kulturellen Hintergründen der Menschen nährt. Neben indigenen Einflüssen finden so auch Aspekte der großen Weltreligionen Eingang in das besagte Liedgut.
Für mich sind diese Songs Herzenslieder – welche die Essenz unserer Spiritualität beleuchten.
In der Ethik wird dies auch als „die goldene Regel“ bezeichnet: Der kleinste gemeinsame Nenner aller Spiritualität und Religiösität! Wir ALLE wollen lieben und geliebt werden. Das ist es, dass uns ALLE verbindet.
Ich selbst veranstalte seit 7 Jahren Abende, in denen der Raum für das gemeinsame Singen geöffnet wird. Ein zentrales Element ist hierbei der Kreis. Denn in diesem begegnen wir uns. Es gibt keine Bühne, kein vorne, kein hinten. Es gibt nur mehr oben und unten. Den Kreis und seine Mitte. Ein jeder ist an einem solchen Abend gleich wichtig für das Geschehende! Es mag zwar sein, dass ich es bin, der die Gitarre und das Liedgut mitbringt; aber erst durch das gemeinsame Singen entsteht die Magie, um die es hier geht!
Lieber Florian, magst du Einblicke gewähren in dein Leben und deinen Lebenslauf?
Aktuell bin ich als selbstständiger Musiker gemeldet. Für die kommende Jahre plane ich eine Vielzahl an Auftritten – v.a. als bayrischer Liedermacher – sodass ich mit meinem Herzensanliegen auch mein Geld verdienen kann. Für diesen Schritt in die Selbstständigkeit brauchte es viel Mut und auch Vertrauen.
Ich habe keine abgeschlossene Berufsausbildung. Nach dem Abitur habe ich zwar noch etwas halbherzig ein Grundschullehramts-Studium angefangen. Aber dann doch sehr schnell gemerkt, dass ich hierfür Zeit aufwenden müsste, die ich auf eine ganz andere Art &Weise nutzen will! Ich wollte anderen Dingen meine Aufmerksamkeit schenken: Der Musik, der Spiritualität, den Wildkräutern; dem Leben in Gemeinschaft.
Ja, als ich mein Leben so auszurichten begann, begegneten mir natürlich auch Angst und immenser Druck von außen.
Denn: Wie soll das in ein halbwegs gesichertes Leben münden? Doch der Weg, der gegangen werden wollte, war so klar spürbar, dass ich gar nicht anders konnte, als ihm zu folgen! Und mit der Zeit wurde es dann auch leichter. Heute zeichnet sich ganz deutlich ab, dass es gut war, diesen Impulsen zu folgen. Und so habe ich mich nie aus Angst vor Geldnot verkaufen müssen; darauf bin ich wirklich wirklich stolz!
Bis vor kurzem habe ich in einer Gemeinschaft auf dem Augsburger Land gelebt; mit solidarischer Landwirtschaft, Seminarbetrieb und Permakultur-Anbau. Demnächst steht ein Umzug an, zurück in die Berge – zusammen mit meiner Frau und unserem 1,5-Jährigem Sohn.
Wonach richtest du dich und dein Leben aus?
Mir ist die Verbindung zu einer unverfärbten Urspiritualität wichtig.
Diese ist erstmal unberührt von Religion und Weltanschauung. Es geht mir dabei darum, mich an meine Essenz zu erinnern. Mich daran zu erinnern, dass ich fühlen darf – dass ich diese Welt aus freien Stücken erleben will. In all ihren Facetten!
Ich schöpfe mein Vertrauen und meine Kraft vor allem aus den spirituellen Erfahrungen, die ich auf langen Spaziergängen, in der Meditation und in besonders schmerzhaften Lebensphasen machen durfte. Ich habe gespürt – und somit in der Tiefe erfahren, dass ich Teil eines großen Ganzen bin. Ich habe mich des öfteren als das wahrnehmen dürfen, was hinter all den Formen existiert & unberührt bleibt von Geburt und Tod.
Hast du schon immer gemerkt, dass du irgendwie anders bist?
Ja, tatsächlich begegnete mir dieses Gefühl schon recht früh. Und das war oft nicht unbedingt angenehm! Wie viel einfacher doch vieles gewesen wäre, wenn ich nur ein Stückchen „angepasster“ hätte sein können! Aber das ging einfach nicht. Zum Beispiel war da schon immer eine unerklärlich starke Verbindung zum hinduistischen Kulturkreis. Ich hörte die Mantren und die Geschichten von Shiva, Brahma und Vishnu und sie waren mir wie alte Freunde! Ich verstand ihre Botschaft und die Sprache intuitiv. Hingegen ist mir das südamerikanische Kulturgut ein Buch mit sieben Siegeln. Aber warum? Das fragte ich mich oft.
Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass meine Seele vielleicht gar nicht so europäisch geprägt ist, wie es mein Körperkleid erst einmal vermuten lässt. Meine Eltern verbrachten ihre Hochzeitsreise auf der Insel Bali. Sie ist die einzige Region außerhalb Indiens, Nepals und Mauritius mit einer hinduistischen Bevölkerungsmehrheit. Daneben ist auch das schamanistische Element auf der Insel sehr präsent geblieben. Beides sind Elemente, die mich stark prägen und denen ich mich tief verbunden fühle. Jedenfalls war mein heutiger Körper damals gerade im Begriff sich zu formen. Vielleicht bin „ich“ ja dort als Seele in mein gegenwärtiges Menschenkleid geschlüpft? Für mich fühlt es sich jedenfalls so an.Wenngleich ich es nicht mit Sicherheit behaupten will! Erklären würde es mir jedoch, warum ich so gar kein Interesse an Indien habe – und doch so innig mit der Mystik dieser Religion verbunden bin.
Welche Bedeutung hat die Natur überhaupt für dich?
In meiner Jugend verbrachte ich ungezählte Stunden alleine in der Natur. Ich lebte ja in einem Dorf direkt am Fuße der Berge. So konnte ich immer wenn ich wollte, ganz leicht der Zivilisation entfliehen. Ich musste nur ein paar hundert Meter gen Süden laufen – und schwubb, war ich abgetaucht! Damals entstand eine tiefe Verbindung zu den Bächen, Tieren und Pflanzen – eine Freundschaft, die mich bis heute nährt. Nicht selten war ich auch nachts unterwegs, sodass ich im Kontakt mit dem Sternenhimmel war. Das war wie Heimkommen für mich! Die Allverbundenheit des Lebens ist bei diesem Anblick so leicht nachzuspüren.
Ich habe in dieser Zeit auch begonnen mich mit Heilkräutern zu beschäftigen. Ich habe Tees und Salben hergestellt und immer wieder auch Kräuterwanderungen veranstaltet. Wildpflanzen als Nahrungsmittel haben mir viel Wildheit und Echtheit zurückgegeben. Sie tragen Informationen in sich, die wir in der von uns „zivilisierten“ Nahrung nur mehr schwer finden können.
Zu manchen Pflanzen, wie zur Eibe, zum Beifuß oder zum Johanniskraut habe ich im Laufe der Zeit eine besondere Verbindung aufgebaut. Sie sind mir zu wichtigen Begleitern & Verbündeten geworden!
Der Zugang zu wildem – freifließendem – Wasser, ist mir in meinem Leben zudem besonders wichtig geworden. Denn dort, wo das Wasser frei fließt, dort fließe auch ich! Ich komme an solchen Orten fast unmittelbar in einen erweiterten Bewusstseinszustand. Kreativität, Kraft und Lebensfreude durchströmt mich. Und was das betrifft, bin ich wirklich sehr froh, bald wieder am Alpenrand zu leben!
Hast du abschließend noch eine Botschaft für die Menschen?
Diese Welt braucht uns – mutig und echt! Menschen, die ihren Herzenswege gehen; und sich dabei von nichts und niemanden beirren lassen! Ich habe selbst erleben müssen, dass diese Wege nicht immer leicht zu beschreiten sind und oft erst im Gehen richtig sichbar werden. Gerade deshalb möchte ich sagen: Der Schritt ins Ungewisse lohnt sich! Wir brauchen nicht noch eine Generation, die aus Angst um ihre Rente, nicht bereit ist, das nötige Risiko einzugehen!
Wir brauchen Visionen und Ideen, die von Herzen kommen! Und dann auch den Mut, diese umzusetzen. Wir brauchen DICH – vielleicht mehr denn je!